Leicht gekürzt aus dem Kurier II/2022: WohnForum 2022 und Mietanpassungen

Faire Miet-Konditionen – geht das noch? Mit dieser Überschrift haben wir eine Veranstaltung organisiert, die am 22. September im Stadeum stattfand. Der Anlass? Wir wollten einem interessierten Publikum die Rahmenbedingungen erläutern, unter denen die Wohnungswirtschaft derzeit arbeitet. Denn es sind nicht nur die Energiepreise, die uns gegenwärtig Sorgen machen. Dies hat sich seit September trotz vieler Gesetzes- und Hilfspakete auch nicht geändert.

Die Zinsen haben sich in wenigen Monaten vervierfacht, die Baukosten erklimmen weitere Höchststände. Gleichzeitig sorgen unterbrochene Lieferketten und Fachkräftemangel für Verzögerungen. Auch steigende Standards führen zu Mehrkosten. Parallel hat die Nachfrage (also der Bedarf) nach bezahlbarem Wohnraum neue Höchststände erreicht.

Für einen Neubau sind derzeit Investitionskosten von 4.000 €/m² zu kalkulieren – ohne Grundstück. Allein um diese Kosten zu decken, bedarf es Kaltmieten von etwa 20 €/m². Gleichzeitig galoppieren die Nebenkosten. Steigende Baukosten treffen über die Modernisierungs- und Instandsetzungstätigkeit auch den Bestand. Gleichzeitig ist es nicht zuletzt im Lichte der Klimaziele keine Strategie, Investitionen in den (Alt-)Bestand auszusetzen.

Die Direktorin des Verbandes der Wohnungswirtschaft in Niedersachsen und Bremen, Dr. Susanne Schmitt, appellierte ihrem Impuls folgerichtig in Richtung der Politik. Es gelte, die weitere Verschärfung von Standards zu begrenzen. Klima- und Denkmalschutz, so die Verbandsdirektorin, dürfe nicht zu Lasten bezahlbarer Mieten gehen. Auch müsse eine vergünstigte Abgabe von kommunalem Bauland an Unternehmen, die sich einer sozial ausgewogenen Mietenpolitik verpflichten, möglich sein. Dieses Argument brachte auch Matthias Günther vom Pestel-Institut. Beide waren sich weiterhin einig, dass bürokratische Hemmnisse dringend abgebaut würden müssten.  

Sowohl Susanne Schmitt als auch Matthias Günther formulierten die Sorge, dass, ohne angemessene Unterstützung der Politik, die gegenwärtigen Rahmenbedingen zu einer deutlichen Reduzierung der Bautätigkeit führen würde. Im Angesicht der hohen Bedarfe in Neubau und im Bestand hätte dies gravierende Folgewirkungen.

Nach einem kurzen Impuls von Kay Stolp, der das Siegel „Mein FairMieter“ vorstellte, diskutierten Stefan Conath (Vorstand Buxtehuder Wohnungsgenossenschaft), Christoph Born (Geschäftsführer Stadtwerke Stade), Matthias Günther und Kay Stolp mit Moderator Holger Hartwig, wie sie diesen Entwicklungen jeweils für ihre Verantwortungsbereiche begegnen. Dabei kristallisierte sich vor allem ein gemeinsamer Nenner heraus: Es gelte, ruhig und besonnen weiterzuarbeiten. Die aktuellen (Energie-)Preise würden nicht ewig auf diesem Niveau verharren, wenngleich ein Einpendeln oberhalb der Vorkrisenpreise zu erwarten ist. Daher sei es auch nicht richtig, alle Investitionspläne auf Eis zu legen.

Mietanpassungen 2023

… und was heißt dies jetzt für die Wohnstätte?

Als sozial orientiertes Unternehmen fokussiert die Wohnstätte gleichermaßen soziale, ökologische und ökonomische Zielsetzungen. Ihrer Rechtsform als Genossenschaft verpflichtet nimmt dabei die Mitgliederförderung eine herausgehobene Stellung ein. Konkret beinhaltet dies die Bereitstellung von guten und bezahlbaren Wohnungen.

Diese Funktion übt die Wohnstätte seit 1925 aus – also seit bald 100 Jahren. Das Austarieren von Spannungsfeldern ist dabei geübte Praxis. Letztlich soll die Miete (natürlich) günstig sein, aber sie muss der Genossenschaft heute und in Zukunft auskömmliches Handeln ermöglichen.

Die gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten stellen für die Wohnstätte eine enorme Herausforderung dar. Für 2022 betrugen die Kosten für Instandhaltung und Modernisierung rd. 5,6 Mio. €. Mittelfristig steigen diese Aufwendungen auf rd. 6-8 Mio. € p. a. Damit lässt sich leicht ausrechnen, in welchem Umfang sich Baukostensteigerungen von 10% oder 15%, wie diese aktuell zu verzeichnen sind, auswirken. Auch die erhöhten Zinsen bewirken mittelfristig Mehrkosten im mittleren sechsstelligen Bereich.

Mit der Absenkung der Dividende von vormals 3,5% auf jetzt 2% haben die Mitglieder bereits einen wichtigen Beitrag geleistet, um diese Auswirkungen abzumildern. Damit konnte 2022 bspw. ein Betrag von 160 Tsd. € im Unternehmen „gehalten“ werden. Die vorgenannten Zahlen lassen jedoch erkennen, dass dies die aktuellen (Markt-)Entwicklungen nur in sehr begrenztem Umfang bremst.

Trotz der drastisch gestiegenen Energiekosten kommt es jetzt zu Anpassungen auch im Bereich der Kaltmieten kommen. Die Nutzungs- bzw. Mietverträge sehen (prinzipiell) Anpassungen in Höhe der Inflationsrate vor, was aber im aktuellen Umfeld völlig unvertretbar wäre. Denn: Es sind ja nicht nur die Energiekosten, die derzeit galoppieren. Fast alle Lebensbereiche sind von dieser Entwicklung betroffen.

In Aussicht genommene ist daher eine Erhöhung von etwa 5%, die zum 01.04. kommen wird. Dies ist in etwa die Hälfte der (grundsätzlich bereits) vereinbarten Anpassung – aus unserer Sicht ein Kompromiss, der sowohl die Interessen der Mitglieder an günstigen und bezahlbaren Wohnraum wie auch der Genossenschaft als wirtschaftlich ausgerichtetes Unternehmen berücksichtigt. Damit bleiben die Mieten im Marktvergleich relativ günstig.